Der Hype um Fifty Shades of Grey
Wer schon einmal ein Buch gelesen hat der ist sich bewusst, dass ein verfilmtes Buch nicht so gut werden kann wie das Buch selbst. Autoren haben auf Papier die Möglichkeit Emotionen und Gedanken von handelnden Personen seitenlang zu beschreiben. Den Leser auf eine Reise der Vorstellungen und Nachempfindungen zu entführen und mit der Vorstellungskraft jeden Lesers zu jonglieren. Im Film werden solche Reisen oft in wenigen Sekunden wiedergegeben. Da bleibt der Fantasie nicht viel Zeit, Emotionen aufzubauen, Gedanken zu lesen und mitzufühlen. Eine Handlung im Film versteht man oft erst Sekunden später.
Leserinnen des Buches sind fasziniert von dieser Art der Sexualität, die dem BDSM (Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism) zuzuordnen ist. Niemals zuvor hätte man gedacht dass diese Art zu lieben einmal salonfähig wird. Fifty Shades of Grey hat sehr dazu beigetragen dass dieses Thema blitzartig aus der Tabu-Zone in jede Diskussionsrunde aufgenommen werden kann. Kaum einer mehr muss sich dafür schämen wenn er im Baumarkt Kabelbinder für seine sexuellen Vorlieben kauft. Eher im Gegenteil, outet er sich, wird er womöglich zum heimlichen Favoriten unter den Verkäuferinnen.
Selbst nach der Verfilmung von Eyes Wide Shut von Stanley Kubrick, der 1999 kurz nach der Fertigstellung verstarb, gab es lange nicht diesen Hype um die SM Szene. Es war, als wolle man das Ausleben seiner masochistischen Fantasien einer gewissen "gehobenen Klasse" vorbehalten. Obwohl es sich in Fifty Shades of Grey bei Christian Grey um einen attraktiven, jungen Milliardär handelt, schlug dieser Film in der Masse völlig anders ein. Jeder, ungeachtet seinem Status in der Gesellschaft möchte nun seinen SM Fantasien freien Lauf lassen und Mr. Grey nacheifern.
Verantwortlich für dieses Übergreifen einer SM dominierten Verhaltensweise auf die Masse der Buchleser und Kinobesucher ist nicht zuletzt die Tatsache, dass das Buch Ende 2012 gute Vorarbeit geleistet hat. Ein echter Kassenschlager und bei den Frauen deutlich beliebter und öfter gelesen als bei Männern. Natürlich hinterlässt das bei den männlichen Beziehungspartnern seine Spuren und lässt den Eindruck entstehen, das weibliche Geschlecht würde sich nach dieser Art Zärtlichkeit sehnen. Doch der Eindruck kann täuschen, wie bereits in der ersten Folge von Fifty Shades of Grey deutlich wird.
Erfüllung der Erwartungen oder Enttäuschung
Um diesen Artikel schreiben zu können hat es sich der Verfasser nicht nehmen lassen, mehrere Vorstellungen zu besuchen und Meinungen von Kinobesuchern zu erfragen sowie auch viele Reaktionen der Zuschauer am Ende des Films auf sich wirken zu lassen. Bereits während dem Film spürt man an verschiedenen Ecken des Filmsaales ein Raunen, welches nichts Gutes erahnen lässt. In der einen Ecke wird gelacht und gekichert, an der anderen Ecke wird keine Miene verzogen und das Geschehen im Film genauestens verfolgt und analysiert. Spätestens jetzt wird klar. Man und Frau sind geteilter Meinung. Während die Einen den Film genießen, ärgern sich Andere über die bröckelnde Vorfreude an dem vermeintlichen SM Porno.
Porno? Weit gefehlt. Fifty Shades of Grey ist ein sehr unterhaltsamer Film der leicht erotisch angehaucht, jedoch keinesfalls anrüchig ist. Eine gewaltige Abspeckung der Buchversion. Es gibt keine wirklichen SM Szenen um den Zuschauer nicht zu erschrecken und nackte Haut ist kaum zu sehen, jedenfalls nicht mehr als in anderen Filmen, die ausdrücklich keinen erotischen Hintergrund haben. Der Film überzeugt durch die Schauspielerischen Leistungen aller Darsteller an Witz im Übermaß vom ersten bis zum letzen Satz. Ein sehr gelungener, unterhaltsamer 1. Teil und ganz sicher sehenswert. SM'ler werden enttäuscht sein, denn diese Neigung wird nicht wirklich dargestellt. Vielmehr geht es um eine entstehende Liebesbeziehung die einen schlechten Start hatte.